Jean-Claude Kazenga ist seit 1986 ein fester Bestandteil der rheinland-pfälzisch-ruandischen Partnerschaft und gehörte bis zu seiner Pensionierung im August 2021 zu den Mitarbeiter*innen der ersten Stunde im Koordinierungsbüro. Im Laufe der Jahre hat er viele Veränderungen und Höhepunkte miterlebt.
Welche Rolle hat die Partnerschaft während und nach dem Völkermord an den Tutsi im Jahr 1994 gespielt?
Für mich persönlich bedeutete die Partnerschaft Schutz, da ich mich mit der Unterstützung befreundeter Kollegen drei Monate lang im Büro verstecken konnte.[1] Der damalige Direktor Fischer und seine Frau flohen über Burundi nach Deutschland, aber nach der Befreiung Kigalis am 4. Juli 1994 gehörten sie zu den ersten, die zurückkehrten: Am 25. Juli nahm unser Büro seine Arbeit wieder auf. Damals konzentrierten wir uns darauf, die Wiedereröffnung von Schulen zu unterstützen, indem wir Materialien lieferten, Klassenräume bauten und Patenschaftsprogramme zur Übernahme der Schulgelder initiierten. Darüber hinaus trugen unsere Bauprojekte zur Wiederherstellung der öffentlichen Infrastruktur bei, insbesondere zum Anschluss der Haushalte an die Wasserversorgung.
Wie haben sich Deine Aufgaben und der Schwerpunkt der Partnerschaft im Laufe der Zeit verändert?
Als ich im Büro anfing, war ich für den Zoll zuständig, da viele (gebrauchte) Waren aus dem Ausland geliefert wurden. Dies änderte sich jedoch nach dem Völkermord, als wir begannen, mit Abfertigungsstellen zusammenzuarbeiten. So verlagerte sich meine Verantwortung auf die Buchhaltung. Im Laufe der Zeit begannen wir, immer mehr Projekte umzusetzen, was uns dazu brachte, das Büro nach und nach zu erweitern: Nach der Einführung der Bauabteilung Mitte der 90er Jahre dauerte es nur etwa ein Jahr, bis auch die Schul- und Sozialabteilung eröffnet wurden. Außerdem änderte sich nach der Verwaltungsreform die Ebene der ruandischen Partner von Gemeinden zu Distrikten und Sektoren. Insgesamt gab es früher mehr Delegationsbesuche und einen (physischen) Austausch zwischen Kulturgruppen und Schulen. Heute fehlt es vielen Ruander*innen an Informationen über die Jumelage – daher ist es unsere Aufgabe, Treffen zu organisieren und unsere Arbeit öffentlich zu machen.
Welcher war einer Deiner persönlichen Höhepunkte im Zusammenhang mit der Partnerschaft?
2007 war ich Teil einer ruandischen Delegation, darunter unser damaliger Premierminister, die unsere Freund*innen in Rheinland-Pfalz besuchte, um unser 25-jähriges Bestehen mit einem Festakt und Tanz zu feiern. Wir haben auch Veranstaltungen in Mainz organisiert, für die wir traditionelle ruandische Gerichte zubereitet haben.
Welche Wünsche und Vorstellungen hast Du für die Zukunft der Partnerschaft?
Besonders wichtig ist es, gemeinsam Prioritäten zu setzen und sich auf politisch-strategischer Ebene auszutauschen. Deshalb sollten wir die Arbeit der „gemeinsamen Kommissionen“ verstärken, in denen alle fünf Jahre Vertreter*innen beider Seiten auf Ministerialebene zusammenkommen mit einer Zwischensitzung nach je 2,5 Jahren. Eine Konsolidierung dieser Kommissionen würde die Verantwortung der ruandischen Behörden anerkennen und verstärken. Darüber hinaus sollten wir darüber nachdenken, unseren Schwerpunkt auf neue Bereiche der Zusammenarbeit auszudehnen, z.B. im Bereich der Handelsbeziehungen.
[1] Die ganze Geschichte können Sie in Ausgabe 1/2014 (S. 21-22) der Ruanda Revue nachlesen.