Die Partnerschaft zwischen Rheinland-Pfalz und Ruanda besteht seit 40 Jahren. Was 1982 als ein ungewöhnlicher Versuch zweier Länder zur Neugestaltung von Entwick-lungspolitik begann, ist heute zu einem international anerkannten Modell einer bürgernahen, dezentralen und effizienten Entwicklungszusammenarbeit auf lokaler Ebene geworden. Diese Form einer Graswurzelpartnerschaft beruht auf der Begegnung mit gegenseitigem Respekt und Achtung und will über eine reine Entwicklungszusammen-arbeit hinaus zu einer Partnerschaft im alltäglichen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben werden. Sie genießt in der ruandischen Bevölkerung einen hervorragenden Ruf und ist auch in der rheinland-pfälzischen Bevölkerung tief verwurzelt.
Menschen beider Länder versuchen sich auf Augenhöhe zu begegnen, auszutauschen und gemeinsam Projekte zu entwickeln. Die Partnerschaft zwischen Rheinland-Pfalz und Ruanda ist in ihrer Struktur in zwei Teilen organisiert: dem Ruandareferat der Landesregierung und dem Partnerschaftsverein Rheinland-Pfalz/Ruanda e.V.
Ausgangspunkt waren Partnerschaften auf kommunaler Ebene nach dem Vorbild der kommunalen Partnerschaften mit Frankreich. Begegnung finden in der Lebens-wirklichkeiten der Menschen statt. Jumelage – ein Begriff, der sich aus dem französischen Jumeau / Jumelle ableitet und Zwilling bedeutet und demnach mehr eine noch stärkere Verbundenheit ausdrückt als der Begriff Partnerschaft. So bestehen auf kommunaler Ebene Partnerschaften zwischen 40 rheinland-pfälzischen Gebietskörper-schaften, mit Städten, Landkreisen und Verbandsgemeinden. Dazu kamen Kirchengemeinden beider Konfessionen mit Partnerschaften zu ruandischen Pfarreien und Diözesen. Mittlerweile sind auch Universitäten und Hochschulen mit ruandischen Hochschulen in einem engen Austausch.
Sehr schnell wurde die Jumelage ergänzt durch Schulpartnerschaften, die die zweite große Säule in dem Beziehungsgeflecht zwischen Ruanda und Rheinland-Pfalz bildet. Im Jahr 2020 waren über 180 rheinland-pfälzische Schulen mit ruandischen Schulen verpartnert. Neben den allgemeinbildenden Schulen etablieren sich zunehmend auch Beziehungen zwischen berufsbildenden Einrichtungen.
Als weitere Säule des Trägers des Partnerschaftsgedankens sind die gut 40 Vereine und Stiftungen in Rheinland-Pfalz. Darüber hinaus halten auch unzählige Einzel-personen und Einzelinitiativen die Partnerschaft zwischen beiden Ländern lebendig. In den 40 Jahren der partnerschaftlicher Zusammenarbeit ist dabei eine große Projekt-vielfalt erwachsen. Ein Reichtum, der diese Partnerschaft zu dem macht, was sie ist.
Ein weiteres wichtiges Segment bildet der Schüleraustausch. Begegnunsreisen finden sowohl hier in Rheinland-Pfalz als auch in Ruanda statt. Bei der Begegnung in Ruanda achten wir darauf, dass die Schüler*innen mindestens drei bis vier Tage auch an der ruandischen Partnerschule sind. Bei Besuchen von touristischen Highlights empfehlen wir, ruandische Schüler*innen an den Aktivitäten zu beteiligen. Ziel der Begegnungsreisen ist, gemeinsame Projekte zu entwickelen und umzusetzen. Dank der neuen Kommunikationsmöglichkeiten ist heute ein Austausch über weite Entfernungen viel leichter geworden und ermöglicht eine enge Zusammenarbeit. Die Landes-regierung unterstützt solche Reisen, daneben gibt es noch die Möglichkeit Begegnungsreisen über das Programm ENSA von Engagement Global zu fördern.
Im Bereich der Hochschulen besteht eine langjährige Zusammenarbeit zwischen der technischen Universität Kaiserslautern und der Nationalen Universität Ruanda, Fachbereich Ingenieurwesen. Zwischen den beiden Hochschulen Bingen und Mainz und der katholischen Hochschule INES in Musanze besteht eine Kooperation im Bereich der landwirtschaftlichen Ausbildung, sowie im Bereich Wirtschaft mit dem Schwerpunkt der Start-Up-Gründungen. In Rheinland-Pfalz gibt es eine Vielzahl an ruandischen Studenten, die hier ihr komplettes oder Abschnitte ihrer Studiums bestreiten.
Bei der beruflichen Ausbildung liegt der Schwerpunkt zum einen auf dem Bau und der Ausstattung von Ausbildungszentren, zum anderen auf der Fort- und Weiterbildung von technischen Ausbildern, sowohl fachlich als auch methodisch-didaktisch. Hier engagiert sich die HWK Koblenz, sowie das Studienseminar Mainz in einem speziellen Programm, wobei es auch direkte Partnerschaften von rheinland-pfälzischen berufsbildenden Schulen zu ruandischen Ausbildungszentren gibt wie z.B. die BBS Germersheim mit dem IPRC East.
Das Thema Inklusion und Förderung von Kindern mit Behinderung ist von besonderer Bedeutung. Das SUGIRA Netzwerk umfasst um die 25 Einrichtungen und widmet sich sowohl in Ruanda als auch in Rheinland-Pfalz diesem Thema.
Auch der Sport und die Jugendarbeit wird zusehend wichtiger - zumal das bisherige Internatssystem zunehmend durch Tagesschulen ersetzt wird. Gerade die Projekt Sports4Peace ist wichtig für die Erlangung von sozialer Kompetenzen. Es gibt die Jugendorganisation Ejo-Connect, die sich dem Austausch von jungen Menschenbeider Länder widmet.
Eine Zivilgesellschaft braucht Kunst und Kultur. Der Mensch lebt nicht nur vom Brot - er braucht das kreative Denken und das Sich-Entfalten. So sind wir verstärkt seit 2012 auch im kulturellen Bereich unterwegs: museale Zusammenarbeit, Austausch zwischen Künstlern, das Landesjugendorchester mit Musikern in Ruanda, Tanz und Theater aber auch im Bereich der Kreativwirtschaft, der in Ruanda immer stärker werdenden Mode und Design Szene (siehe www.slanted.de/product/slanted-special-issue-rwanda/slanted). Gerade für ein so junges Land wie Ruanda ein wichtiges Thema bei Gestaltung von Zivilgesellschaft.
Dies nur als die wichtigsten Themen - wir sind so breit aufgestellt, wie sich Partner bei uns engagieren. Von diesem Engagement und den Ideen einzelner lebt diese Partnerschaft - mehr dazu siehe unter Projekte wie auch Partner.
Doch wie läuft so ein Projekt in der "Graswurzelpartnerschaft" konkret ab?
1. Der ruandische Partner unterbreitet dem Koordinationsbüro in Kigali einen Projektvorschlag, der eine kurze Projektbeschreibung und eine erste Kostenrechnung umfasst.
2. Die Anfrage wird von den Mitarbeitern des Büros nach Sinnhaftigkeit, Umsetzbarkeit und Übereinstimmung mit den ruandischen Bestimmungen, sowie Wirkung und Nachhaltigkeit überprüft.
3. Ist das Büro von dem Projektantrag überzeugt, verfasst es einen offiziellen Förderantrag für den Partner in Rheinland-Pfalz mit einer überprüften Kostenkalkulation.
4. Stimmt der rheinland-pfälzische Partner dem Antrag zu und kann er das Projektvolumen aus eigener Kraft finanzieren, so gibt er dem Partnerschaftsverein in Mainz grünes Licht zur Durchführung.
5. Kann er das Volumen nicht komplett alleine stemmen, so kann er beim Land Rheinland-Pfalz einen Zuschuss beantragen. Stimmt das Land dem Antrag zu, wird ebenfalls durch die Geschäftsstelle des Vereins in Mainz das Büro ermächtigt, das Projekt in Angriff zu nehmen.
6. Mit dem Erhalt der Erlaubnisermächtigung aus Mainz, informiert das Koordinationsbüro in Kigali den ruandischen Partner.
7. Mit dem ruandischen Partner wird ein Vertrag mit einer Zeitplanung zur Umsetzung des Projektes vereinbart.
8. Das Koordinationsbüro begleitet die Umsetzung des Projektes und verfasst auf Anfrage Zwischenberichte. Die Gelder werden nach vereinbarten Teilbeträgen ausbezahlt.
9. Nach Beendigung des Projektes verfasst das Büro in Kigali einen Abschlussbericht und erstellt eine Foto-Dokumentation.
10. Nach Prüfung der Unterlagen in Mainz erhält der Partner in Rheinland-Pfalz die Unterlagen. Das Projekt gilt hiermit als abgeschlossen.