Kultur

 

Sprache:

Die Muttersprache fast aller Ruander (98,3%) ist die Bantusprache Kinyarwanda. Kinyarwanda war und ist das bindende Glied der ruandischen Gesellschaft und bildet die Grundlage der ruandischen Kultur. Außerdem gibt es in Ruanda eine ausgeprägte mündliche Tradition, welche mit der Sprache verbunden ist.

Da Ruanda über vierzig Jahre lang eine belgische Kolonie war, sprechen viele immer noch Französisch. Allerdings wird die Sprache immer mehr vom Englischen abgelöst, da rückkehrende Flüchtlinge meist in anglophone Nachbarländer waren und zum Teil dort geboren wurden. Mit ihrer Rückkehr brachten sie die englische Sprache mit nach Ruanda. 2009 wurde die Schul- und Verwaltungssprache von Französisch auf Englisch umgestellt. Dies wurde auch damit begründet, dass Ruanda die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu den anderen Ländern der Ostafrikanischen Union EAC stärken möchte und diese Länder nun mal anglophon seien.

Seit 2017 ist die vierte Amtssprache Suaheli, die Verkehrssprache Ostafrikas, um Kommunikation und Handel mit den Nachbarländern zu vereinfachen.

 

Tanz und Musik:

Eng mit der kinyarwandischen Sprache verbunden sind die traditionellen Kunstformen Ruandas in Musik, Tanz und Poesie. Sie spielen heute noch eine große Rolle bei festlichen Anlässen und gesellschaftlichen Treffen. Ein wichtiger Tanz ist der "Intore", was übersetzt "die Auserwählten" bedeutet - junge Männer wurden am ruandischen Königshof in Tanz und Trommeln ausgebildet. Der Tanz besteht aus drei Teilen: zum einen den von Männern getanzten Kriegertanz. Die Kleidung besteht aus einem Rock, einer Grasperücke, Perlenbänder, Schild und Speer. Die zweite Komponente ist das Ballett der Frauen, Umushayayo genannt, welches Eleganz  und Reinheit ausstrahlen soll. Die Frauen tragen das traditionelle Umushanana, bestehend aus einem langen Rock und einer Shärpe, die über einer Schulter getragen wird. Hinzu kommen die Trommeln, die Ingoma, welche in der ruandischen Tradition eine wichtige Rolle spielen.

Es gibt zahlreiche andere Tänze in Ruanda. Viele davon stellen alltägliche Situationen, die Natur oder auch die Berufe der Tänzer dar. Die Tänze hatten eine einigende Kraft und wurden zu verschiedensten Anlässen getanzt. Sie sind heute immer noch sehr beliebt und für viele ein wichtiger Teil der ruandischen Kultur.

Die traditionelle Musik ist noch heute sehr beliebt. Sie kann zu Tänze begleiten, Gesang und Instrumente verbinden oder rein Instrumental sein. Traditionelle Instrumente sind neben den bereits erwähnten Ingoma-Trommeln auch die Zither-ähnliche Inanga. Auch die moderne Popszene Ruandas ist besonders, da sie moderne und traditionelle Musikelemente miteinander verbindet.

 

Traditionelles Kunsthandwerk:

Das traditionelle Kunsthandwerk in Ruanda umfasst verschiedene Techniken, wie zum Beispiel das Flechten von Körben, Schalen, Schmuck oder Perlenschmuck aus Papierperlen. Diese Perlen werden aus langem dreieckigem Papier gemacht, dass aufgerollt wird und so eine Perle ergibt.

Eine beliebte Kunstform in Ruanda ist das Imigongo. Hierbei handelt es sich um eine Kunstform, die traditionell aus Kuhdung hergestellt wird. Die Wandbilder zeigen geometrische Formen auf einer dünnen Holzplatte, traditionell in schwarz, weiß grau und rot.

Das Kunsthandwerk hat in Ruanda eine sehr lange Tradition und wird vor allem von Frauen ausgeübt. Es schmückt das Haus und prägt viele Gebrauchsgegenstände. Die kunsthandwerklichen Erzeugnisse zeichnen sich durch Schlichtheit und einfache geometrische Formen aus. Charakteristisch sind der Kontrast von hellen und dunklen Farben und der Verzicht auf figürliche Darstellungen, der für den afrikanischen Kontinent außergewöhnlich ist.

2017 fand auf der Festung Ehrenbreitstein in Koblenz eine Ausstellung zu ruandischem Kunsthandwerk statt. Die ausgestellten Exponate wurden HIER gesammelt.

 

Essen:

Hauptnahrungsmittel in Ruanda sind Kochbananen, Hülsenfrüchte, Süßkartoffeln, Bohnen, Maniok, Hirse, Frischgemüse, Kartoffeln sowie Mais im Nordwesten. Fleisch gibt es oftmals nur zu besonderen Anlässen. Traditionell werden Rind, Ziegen und Geflügel gegessen, Schweinefleisch verbreitet sich zunehmend. Fisch gibt es v.a. in der Nähe von Seen, wie in der Region des Kivusees. Typische Gerichte sind u.a. Isombe - gestampfte Maniok-Blätter mit gewürzter Tomaten- und Fleischsoße - Ubugali oder Foufou - der in Zentral- und Ostafrika verbreitete Brei aus Maniokmehl und Wasser - und Brochettes als Snack - Spieße mit gegrilltem Ziegenfleisch und Gemüse.

Essen ist eine private Angelegenheit und kein verbreitetes Genussritual oder gar Gesprächsthema wie in Deutschland. Es wird nur in der Familie gegessen. Unsere "to-go-Kultur" steht im großen Wiederspruch dazu. Dennoch können sich Restaurants und Cafés immer mehr etablieren. Im Gegensatz zur Esskultur ist die Trinkkultur in Ruanda sehr wichtig. Zwei typische Getränke sind das Urwagwa (Bananenbier) und das Amarwa (Sorghumbier). Typischerweise wird das Bier in Trinkgefäßen aus Flaschenkürbissen getrunken, den Kalebassen. Weitere verbreitete Getränke sind Milch und Tee.

 

Frauen in Ruanda:

Ein Thema, was oft mit Ruanda in Verbindung gebracht wird, ist die Gleichberechtigung der Geschlechter. Im "Global Gender Gap Report", einem Bericht des Weltwirtschaftsforums über die Gleichstellung von Mann und Frau, belegt Ruanda den vierten Platz der erstellten Rangliste, noch vor Schweden. Tatsächlich ist es so, dass viele staatliche Maßnahmen dafür sorgen, dass Frauen nicht benachteiligt werden dürfen. So ist der Frauenanteil im ruandischen Parlament mit 61,3% einer der höchsten weltweit. Die wichtige Stellung der Frau hat vor allem etwas mit der traurigen Vergangenheit des "Landes der tausend Hügel" zu tun. Wären des Genozids 1994 wurden sehr viele Männer ermordet. Viele weitere mussten für ihre Taten ins Gefängnis - zurück blieben die Frauen. Sie waren maßgeblich am Wiederaufbau und der Versöhnung des Landes beteiligt. Allerdings kann kein Gesetz der Welt vorschreiben, wie man zu denken hat und es braucht oft lange, bis sich Verhaltensweisen und Rollenmuster einer patriarchalischen Gesellschaft ändern. Der Mann ist immer noch Chef des Hauses, Frauen und ältere Töchter müssen sich neben der Arbeit um die Erziehung der Kinder kümmern, eine Frau gilt nur mit vielen Kindern als stark, etc.

 

Letztendlich ist Kultur eine sehr persönliche Auffassung seiner Lebensumgebung und ist für jeden unterschiedlich. Die Definition "Kultur ist alles, was der Mensch selbst gestaltend hervorbringt" wird die Vielfältigkeit der persönlichen Sicht zu Kultur nicht annähernd beschreiben können, denn man könnte auch sagen, dass Kultur die Art ist, wie Menschen auf die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft reagieren. Wie würden Sie deutsche Kultur beschreiben?

Ruanda hat in den letzten Jahrzehnten tiefgreifende Veränderungen durchgemacht - manche sind sogar der Meinung, dass Ruanda immer mehr die Kultur anderer aufnimmt, aus dem Wunsch, sich weiterzuentwickeln. Ob man dies als gut oder schlecht erachtet ist jedem selbst überlassen. Ich kann Ihnen nur ans Herz legen, den direkten Kontakt zu suchen, um andere Kulturen kennenzulernen und letztendlich ein Stück besser zu verstehen. Kein Text der Welt wird diese Erfahrungen ersetzen können.