Landwirtschaft in Ruanda

Der Landwirtschaftssektor gilt als einer der wichtigsten Kernbereiche der ruandischen Wirtschaft und ist mit 30% der Wirtschaftsleistung des Landes auf Platz zwei, hinter den Dienstleistungssektor. Der Sektor wird als Motor des ruandischen Wirtschaftswachstums bezeichnet und der Großteil der Arbeitsplätze im Land ist von der Landwirtschaft abhängig. Ca. 75% der Bevölkerung leben in direkter Abhängigkeit von diesem Sektor. Die am meisten in Ruanda angebauten Produkte sind Kochbananen, Maniok, Kartoffeln wobei auch Süßkartoffeln, Mais und trockene Bohnen eine nicht unwesentliche Rolle spielen.

Die landwirtschaftliche Produktion steht jedoch vor großen Herausforderungen: Durch die extrem dichte Besiedlung des Landes und ein sehr hohes Bevölkerungswachstum, kommt es zunehmend zur Landverknappung und einer intensiven Ausbeutung der noch zur Verfügung stehenden Flächen. Bereits heute werden mehr als zwei Drittel der Gesamtfläche des Landes zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzt; der Trend ist steigend. Subsistenzwirtschaft und kleinbäuerliche Anbaumethoden beherrschen das Bild. Dies bringt jedoch das Problem geringer landwirtschaftlicher Produktivität mit sich. Im Zusammenspiel mit größtenteils ertragsarmen Böden, die durch intensive Nutzung und den Gebrauch von Dünger ausgelaugt sind, sowie im Zusammenspiel mit massiven Erosionsproblemen und fehlenden angemessenen Gegenmaßnahmen, führte dies in der Vergangenheit zu einer zunehmenden Gefährdung der Ernährungssicherheit. Im Durchschnitt steht einer kleinbäuerlichen Familie nur noch weniger als ein Hektar Land zur Bewirtschaftung zur Verfügung. Dies reicht jedoch nicht für den Lebensunterhalt einer Familie.

Ernährungssicherung trotz positiver Entwicklung noch nicht gegeben

FAO Daten zufolge ist Ernährungssicherung in Ruanda nicht gegeben, Statistiken zeigen jedoch einen positiven Trend auf: Im Zeitraum von 2000 bis 2011 ist der Anteil der Menschen, die an Unterernährung leiden, von 47% auf 29% gesunken, wobei der Anteil unterernährter Kleinkinder jedoch mit 40% noch deutlich höher ist. Allerdings ist der Anteil unterernährter Menschen inzwischen wieder auf fast 37% gestiegen (2018). Zu dieser dennoch positiven Entwicklung haben u.a. der Ausbau von Bewässerungssystemen, die Zusammenlegung von Landstücken und die Expansion des Terrassenanbaus beigetragen. Trotz des vermehrten Vorhandenseins von Nahrungsmitteln im Land gibt es jedoch erhebliche Probleme des Zugangs zu diesen Nahrungsmitteln: Im Zeitraum von 2011-2012 berichten 20% der Bevölkerung von saisonalen Zugangsschwierigkeiten, 17% von akuten und 14% sogar von chronischen Zugangsproblemen zu ausreichend Nahrungsmitteln. Dies weist darauf hin, dass neben einer Produktionssteigerung auch der Zugang zu ausreichender und angemessener Ernährung sichergestellt und gefördert werden muss. Einen weiteren Beitrag zur positiven Entwicklung im Bereich Ernährung leistet die verbesserte Produktivität des Viehbestands, der zu 70% der ruandischen Haushalte gehört. Neben der Versorgung mit wichtigen Nährstoffen, durch Milch und Fleisch, dient der Viehbestand eines Haushaltes zur Abfederung von Schocks im Fall von klimatisch oder wirtschaftlich bedingten Krisensituationen. Der Konsum von Milchprodukten liegt jedoch trotz der positiven Entwicklung weiterhin unter der von der FAO empfohlenen Menge. Beiträge der Regierung unterstützen die positiven Entwicklungen im landwirtschaftlichen Bereich mit Programmen wie z.B. dem Schulspeisungsprogramm 'one cup of milk per child' oder dem Programm "Girinka - one cow per poor family program", welches das ehrgeizige Ziel hatte, innerhalb von zehn Jahren 350.000 Familien mit einer Kuh zu fördern.

 

Maßnahmen zur Ertragssteigerung

Bei der Ertragssteigerung spielen die Nutzbarmachung von Sumpfgebieten, deren fruchtbares Land von der steigenden Anzahl landwirtschaftlicher Kooperativen bewirtschaftet wird, die Einführung effizienten Saatguts, der Einsatz von Düngemitteln und die Erosionsbekämpfung, mit Hilfe von landesweiten Terrassierungsmaßnahmen, ein wichtige Rolle. Sofern Terrassen gut konstruiert sind und Arbeitszeit wie auch Kosten für deren Errichtung gestemmt werden können, verhindern diese eine Verschlammung der landwirtschaftlichen Fläche sowie einen übermäßigen Bodenverlust. Sie vereinfachen die Feldbestellung und ermöglichen die Nutzung moderner Ackerbau-Methoden, konservieren Wasser sowie Fruchtbarkeit des Bodens. Je nach Saatgut ermöglichen Terrassen langfristig eine Steigerung des Ertrags. Schon heute ist das landschaftliche Bild in Ruanda sehr stark durch Terrassierungen geprägt.

Zukunftsvisionen

"Vision 2020" heißt das wichtigste Regierungsdokument Ruandas, welches im Jahr 2002 fertig gestellt wurde und worin die grundlegenden Entwicklungsziele des Landes formuliert wurden. Alle nationalen und sektoralen Politiken sowie Strategien basieren auf diesem Dokument. Landwirtschaft wird in der "Vision 2020" als ein prioritärer Sektor für die Wirtschaft des Landes genannt. In Bezug auf den landwirtschaftlichen Sektor werden in "Vision 2020" folgende Ziele genannt: Die bisher vorwiegend subsistenzwirtschaftlich orientierte Produktion soll in eine kommerziell orientierte Landwirtschaft verwandelt werden, wodurch das Haushaltskommen erhöht sowie die Armut bis 2020 um 50% reduziert werden sollen. Außerdem ist es Ziel die landwirtschaftlichen Exporte Ruandas zu diversifizieren; der Schwerpunkt wird dabei auf einer Erhöhung der Exporte von Tee und Kaffee gelegt. Auch der Viehbestand soll aufgrund seiner wichtigen Bedeutung für die Nahrungssicherheit der Bevölkerung weiter entwickelt werden.

Eine wichtige Rolle spielt in "Vision 2020" des Weiteren die Entwicklung umweltschonender Energieformen, wie z.B. Energiegewinnung durch Wasserkraft. Bisher  werden über 95% des Energiebedarfs von den traditionellen Brennstoffen Holz und Holzkohle gedeckt. Dies stellt ein großes Problem für die nachhaltige der Wälder dar. Außerdem soll eine Reform der Bodenbesitzstruktur die Entstehung von Kooperativen fördern. Zur jetzigen Zeit ist es für die meisten Familien, die in Besitz einer Fläche von weniger als einem Hektar sind, nicht möglich einen ausreichenden Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Die Wirtschaftsform der Kooperativen, die derzeit im Land vorangetrieben wird, zielt u.a. darauf ab den Kleinbauern größere und fruchtbarere Flächen für die landwirtschaftliche Arbeit zur Verfügung zu stellen. Dies geschieht durch die Zusammenlegung von Land und die Möglichkeit zur Nutzung öffentlicher, staatseigener und besonders fruchtbarer Landstücke, wie z.B. von Sumpfgebiete. Vielen Kooperativen werden außerdem subventionierte Materialien, wie z.B. Dünger, von der Regierung zur Verfügung gestellt. Der Staat unternimmt ernsthafte Anstrengungen, von der Brandrodung und illegalen Abholzung, verschonte Restwälder wiederaufzuforsten und diese in Naturschutzgebiete zu verwandeln.

 

Das zentrale Ziel der ruandischen Regierung ist die Entwicklung einer 'Green Economy' bis zum Jahr 2020.

Autorin: Hannah Posern